Kongress 2018
Presse- und Medienberichte zum Kongress 2018
Hannover / Frankfurt a. M., Di. 18.09.2018.Am 16. und 17. September 2018 trafen sich in Frankfurt am Main erstmals Mitglieder interreligiöser Dialoginitiativen aus ganz Deutschland. 29 Städte waren beim ersten Bundeskongress der Räte der Religionen vertreten. Eingeladen hatten die Räte der Religionen aus Hannover und Frankfurt am Main.
„Die Zeit war reif, die zahlreichen kommunal arbeitenden Dialoggremien, die in den letzten Jahren entstanden sind, überregional zu vernetzen“, erklärte der Vorsitzende des Frankfurter Rates der Religionen, Joachim Valentin. „Die Einwanderungsgesellschaft braucht starke interreligiöse Strukturen“, sagte der Vorsitzende des Hauses der Religionen in Hannover, Wolfgang Reinbold. „Die große Nachfrage bestätigt uns in unserer Überzeugung, dass Räte der Religionen ein Zukunftsmodell sind.“
Der erste Bundeskongress diente in erster Linie dem gegenseitigen Kennenlernen. Beim Abendempfang trat der interreligiöse Chor Frankfurt auf. Bürgermeister Uwe Becker (CDU) hielt das Grußwort für die Stadt Frankfurt, deren Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) die Schirmherrschaft übernommen hatte. Hauptredner am zweiten Tag des Kongresses war der Paderborner Theologe Professor von Stosch. Darüber hinaus widmeten sich Arbeitsgruppen aktuellen Themen des kommunalen und regionalen interreligiösen Dialogs.Der zweite Bundeskongress der Räte der Religionen findet im September 2019 in Hannover statt.
Räte und Runde Tische der Religionen bemühen sich darum, möglichst viele religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften dauerhaft ins Gespräch zu bringen. Zu Ihren Tätigkeitsschwerpunkten gehören die Organisation interreligiöser Veranstaltungen, die Bildungsarbeit, Stellungnahmen zu gesellschaftlichen und politischen Themen, die Organisation von Friedensgebeten und vieles andere mehr. Oft fungieren Räte der Religionen auch als Türöffner für kleine Gemeinschaften und vermitteln bei Konflikten.
Der Erste Bundeskongress der Räte der Religionen fand mit freundlicher Förderung der Evangelischen Kirche in Deutschland und des interreligiösen Projekts „Weißt Du wer ich bin“ statt.
Sarah Wohl (Rat der Religionen Frankfurt, Geschäftsführung)
Mehr als ein bisschen Frieden
Zuletzt haben sich in ganz Deutschland lokale Gesprächskreise gebildet, in denen sich alle Religionen austauschen können. Nun vernetzen sich diese Räte der Religionen erstmals bundesweit, um in einer säkularen Umwelt besser zu bestehen.
Von Joachim Valentin
Herder Korrespondenz 12/2018 S. 42-44, Essays / 0 Kommentare Wer eine Religion kennt, kennt keine“. Dieser so schlichte wie wahre Satz des Religionshistorikers Max Müller beschreibt nicht nur eine Erkenntnis der vergleichenden Religionswissenschaft, sondern auch die alltägliche Erfahrung vieler tausender Menschen, die sich in deutschen Kommunen seit Jahren den Mühen und Freuden des verlässlichen interreligiösen Miteinanders vor Ort verpflichtet haben. Ohne zentrale Steuerung ist in den letzten 15 Jahren in nahezu allen westdeutschen und einigen ostdeutschen Großstädten sowie in diversen Landkreisen eine Kultur gewachsen, die in den oft erhitzten Debatten um die wachsende religiöse Pluralität gerne übersehen wird: Beinahe unbemerkt sind Dutzende von lokalen „Räten“, „Runden Tischen“ oder „Foren“ entstanden, in denen die verschiedenen Religionen sich miteinander austauschen. Die (mediale) Öffentlichkeit hingegen schaut vor allem auf „den Islam“, um dessen Verteidigung oder Kritik von einzelnen prominenten, in einem Pro-Contra-Schema klar positionierten Akteuren – Publizisten, Wissenschaftlern, Verbandsvertretern oder selbsternannten Experten – bis heute erbittert und selten mit viel substanziellem Ertrag gestritten wird.Was dabei unter den Tisch fällt, sind einerseits die in Deutschland kleinen Religionsgemeinschaften wie Sikhs, Hindus, Bahai oder Buddhisten. Ihnen werden bestenfalls Sonderdiskurse gegönnt, wie die Alternative zwischen „östlichem“ und „westlichem“ Denken (westliche Buddhisten), der Respekt vor einer aufgeklärten Universalreligion modernen Zuschnitts (Bahai) oder – wenn man sie überhaupt wahrnimmt – das Phantasma einer letztlich folkloristischen Exotik (Sikhs, Hindus und asiatische Buddhisten), das mehr mit dem letzten Bali- oder Indienurlaub zu tun hat als mit der religionspolitischen Realität dieser Migrantengemeinden in der Bundesrepublik des 21. Jahrhunderts. Andererseits leidet auch die in allen Räten der Religionen vertretene jüdische Religion – mit etwa 100 000 registrierten Gemeindemitgliedern quantitativ auch eher „klein“ – unter typisch bundesdeutschen Fremdzuweisungen: Werden die jüdischen Gemeinden doch vor allem als Gegenüber in einem in die Jahre gekommenen „Post-Shoa“- beziehungsweise „Israel“-Diskurs wahrgenommen. Dieser ist angesichts der deutschen Geschichte vielleicht unausweichlich, führt aber letztlich von den eigentlichen Themen auch dieser Religion weg. Dies gilt verschärft seit der sozialen und weltanschaulichen Transformation jüdischer Gemeinden durch Zehntausende säkularer sowjet-russischer Immigranten in den Neunzigerjahren. Doch was genau ist das für eine Form der interreligiösen Selbstorganisation, die da, forciert von den Ereignissen der Jahre 2001 und 2014, aber auch schlicht vom „Ankommen“ vieler Migrantengemeinden in der deutschen Alltagsrealität, entstanden ist? Etwa hälftig sind die Räte, Runden Tische oder Foren auf Initiative der Religionsgemeinschaften selbst, häufig der großen Kirchen, muslimischen Verbände und jüdischen Gemeinden entstanden, selten aus noch breiter gemischten Initiativkreisen. Ebenso häufig war es die Initiative der Kommunalpolitik, hier häufig der Integrationsabteilungen in den Stadtverwaltungen, die ein – oft anlassbezogenes – Zusammentreffen aller örtlichen Religionsgemeinschaften initiiert haben und auch weiterhin organisieren (und finanzieren).
Glaubenskonflikte nicht am Runden Tisch lösbar
30 Räte der Religionen treffen sich zum ersten Bundeskongress im Dominikanerkloster
© Helmut Fricke
Miteinander reden, ohne dass es kracht: Das ist die Devise von Joachim Valentin, dem Vorsitzenden des Rates der Religionen Frankfurt.
Die Regeln sind klar. Und sie sind streng. Nur wer Respekt vor den Mitgliedern anderer Religionen hat und ehrliches Interesse am Austausch mit Vertretern anderer Glaubensrichtungen zeigt, der darf sich dem Rat der Religionen anschließen. Mehr als 30 dieser Räte und Arbeitsgruppen haben sich in den vergangenen Jahren in Deutschland gegründet. Zum ersten Mal kamen in den vergangenen zwei Tagen deren Vertreter zu einem Bundeskongress im Frankfurter
Dominikanerkloster zusammen.